Heute spielt der FC Lenin |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 24.08.2015
Vor hundert Jahren trafen sich in Zimmerwald bei Bern pazifistische und
revolutionäre Sozialisten und verabschiedeten ein Manifest gegen den Krieg.
Vogelkundler
lieben nun mal die Natur. Und so schöpfte niemand Verdacht, als die drei
Dutzend Ornithologen, die vor hundert Jahren aus zahlreichen Ländern in der
Schweiz zusammenkamen, in Bern vier Pferdefuhrwerke bestiegen und aufs Land
hinausfuhren. In Zimmerwald, einem Dörfchen zehn Kilometer außerhalb der Stadt,
in einer sanften Hügellandschaft zwischen Wäldern und Wiesen gelegen, da, wo Amsel,
Drossel, Fink und Star um die Wette zwitschern, hatten sie das Hotel
Beau-Séjour (Schöner Aufenthalt) für ihre Tagung reserviert. Einige nächtigten
dort, andere in der benachbarten Pension Schenk. Dem Staatsschutz war nichts
aufgefallen. Auch dem Landjäger nicht, der dem Wirt des Hotels eine Strafe
aufbrummte, weil der die Polizeistunde nicht einhielt und weil die lustige
Gesellschaft zu laut zechte. Und die Dörfler erfuhren erst, als die illustren
Gäste abgereist waren, wen sie da beherbergt hatten.
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Der Mord in der Hardenbergstraße |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 24.03.2015
Im
März 1921 schoss der Student Soghomon Tehlerjan, der bei dem Genozid an
den Armeniern seine ganze Familie verloren hatte, dem osmanischen
Großwesir Talaat Pascha in den Kopf. Ein Berliner Gericht sprach ihn
frei.
Nikolaus Jessen,
Vertreter einer Fleischfabrik, wollte an jenem Dienstagmorgen noch einige
Kunden aufsuchen. So ging er in Berlin-Charlottenburg die Hardenbergstraße
entlang, Richtung Bahnhof Zoo. Vor ihm schritt ein Mann in grauem Ulster. Ein
zweiter trat von hinten an diesen heran, zog eine Pistole aus der Brusttasche
und „schoss aus unmittelbarer Nähe den Herrn in den Hinterkopf, der in dem
gleichen Moment nach vorn zu Boden fiel“, wie Kaufmann Jessen zu Protokoll gab,
„die Schädeldecke klappte auf“. Erst habe er eine ohnmächtige Dame aufgehoben,
dann sei er dem Täter hinterhergerannt, den er schließlich in der Fasanenstraße
zu fassen gekriegt habe, berichtete Jessen weiter. Er sei Ausländer, habe der
junge Mann gesagt, und der, den er getötet habe, sei auch Ausländer, und all
dies gehe die Deutschen nichts an.
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Ein Passagierflugzeug, abgeschossen über Italien |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 19.08.2014
Vor 34 Jahren stürzte in der Nähe der Mittelmeerinsel Ustica ein Flugzeug ins Meer. 81 Menschen starben.
Mit Fug und Recht besteht die EU darauf, die Umstände, die in der Ukraine
zum Absturz eines Passagierflugzeugs und zum Tod von 298 Personen
geführt haben, zu klären. Wer hat das Flugzeug von wo aus abgeschossen?
Die Schuldigen müssen benannt werden. Die Angehörigen der Opfer haben
ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Darüber herrscht völlige
Einigkeit. Heute.
Und damals?
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Der Sturz des Duce |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 22.07.2013
Vor 70 Jahren wurde Mussolini vom Großen
Faschistischen Rat abgesetzt und am selben Tag verhaftet.
Für die allermeisten
Italiener kam die Botschaft wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Am
25. Juli 1943 verlas der Rundfunksprecher zwei Proklamationen. In der
ersten gab König Viktor Emanuel III. bekannt, er habe den Rücktritt von
Benito Mussolini angenommen. In der zweiten ließ Marschall Pietro
Badoglio verlauten, dass er "auf Befehl Seiner Majestät des Königs und
Kaisers" die Regierung übernommen habe. Und dann sagte er noch:
"Der Krieg geht weiter." Er meinte: Der Krieg gegen die Alliierten wird
weitergeführt.
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Helden, die keine sein wollten |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 03.06.2013
Wie in Frankreich ein ganzes Dorf half, mehr als 3500
Juden vor der Deportation in die Vernichtungslager der
Nazis zu retten
Le Chambon-sur-Lignon ist ein
Bergnest in den Cevennen. Die schon 1902 eröffnete Schmalspurbahn wurde
wohl nicht für die rund 3000 Dörfler gebaut, zu zwei Dritteln
Bauern, die auf verstreuten Höfen lebten, sondern für die Städter, die
der verpesteten Luft von Saint-Etienne, einem Zentrum des französischen
Kohlebergbaus, entfliehen wollten. Hier oben, tausend Meter
über Meereshöhe, wehte frische Bergluft. Es gab eine stattliche
Reihe von Pensionen und Hotels.
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"Das ist hart, aber nützlich" |
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Thomas Schmid, Frankfurter Rundschau, 29.12.2011
Das Deutsche Reich war in den Völkermord an den
Armeniern im Osmanischen Reich verstrickt. Deutsche Militärs tragen
Mitschuld an den Massakern
Es herrscht dicke Luft zwischen Frankreich und der Türkei.
Die französische Nationalversammlung hat sich dafür ausgesprochen, die
Leugnung des Genozids an den Armeniern unter Strafe zu stellen. Das
Votum des Senats steht noch aus. Aber Ankara hat bereits den
türkischen Botschafter aus Paris zurückgepfiffen und die militärische
Zusammenarbeit ausgesetzt. Bis heute hat noch jede türkische Regierung
bestritten, was unter seriösen Historikern längst geklärt und
dokumentarisch gut belegt ist: Die jungtürkische Regierung des
Osmanischen Reiches hat während des Ersten Weltkrieges die systematische
Ausrottung der Armenier betrieben. Umstritten ist allenfalls
noch, ob „nur“ 800.000 oder über eine Million Angehörige der ältesten
christlichen Staatsreligion erschlagen, erdrosselt, gekreuzigt,
erschossen oder auf die Todesmärsche in die mesopotamische Wüste
geschickt wurden.
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Invasion ins gelobte Land |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 24.09.2011
Vor einhundert Jahren erklärte Italien dem Osmanischen Reich den Krieg und besetzte Libyen
Der "Wettlauf um Afrika" ging seinem Ende entgegen. In einem Bündnis, das sie "Entente cordiale" ("Herzliches Einverständnis") nannten, hatten sich das Vereinigte Königreich und Frankreich 1904 auf die Abgrenzung ihrer Einflusssphären geeinigt: Ägypten sollte an die Briten fallen und Marokko an die Franzosen, die sich bereits Algerien und Tunesien unterworfen hatten. Am Vorabend des Ersten Weltkrieges war ganz Nordafrika unter Kontrolle der europäischen Kolonialmächte - mit Ausnahme Tripolitaniens und der Cyrenaika, der beiden Provinzen des Osmanischen Reiches, die später zu Libyen vereinigt wurden und auf die Italien schon lange ein Auge geworfen hatte.
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