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Der doppelte Castro PDF Drucken

Martin Klingst und Thomas Schmid - DIE ZEIT, 03.08.2006
Auf Fidel folgt Raúl. Der große und der kleine Bruder könnten unterschiedlicher kaum sein - und haben doch über 50 Jahre lang zusammengehalten. Jetzt kehrt sich ihr Verhältnis um.

Am Silvestertag 1958 hält Fidel Castro schriftlich fest: »Mich persönlich interessiert die Macht nicht, und ich denke auch nicht daran, sie zu übernehmen.« Neun Tage später zieht er unter dem Jubel der Bevölkerung mit seinen Guerilleros in Kubas Hauptstadt Havanna ein. Die Revolution hat gesiegt – und Castros Versprechen war passé –, für fast ein halbes Jahrhundert. Nur einer hat sich gehalten in all diesen Jahren neben ihm, hinter ihm, in seinem Schatten: Raúl Castro, der fünf Jahre jüngere Bruder und Stellvertreter, der Verteidigungsminister und die unbestrittene Nummer zwei. Jetzt, kurz vor seinem 80. Geburtstag am 13. August, ist Fidel an einem Darmleiden erkrankt. Und so legt der Staats-, Partei-, Regierungschef und große Bruder alle Ämter in die Hände des kleinen. Für einige Wochen jedenfalls, sagt Fidel. Vielleicht für immer, sagen Beobachter.

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Die Revolución fällt aus PDF Drucken
Thomas Schmid - DIE ZEIT, 29.06.2006
Bei den Präsidentenwahlen in Mexiko hat López Obrador gute Chancen. Seine Gegner verteufeln ihn als Linkspopulisten. Doch als Bürgermeister von Mexiko-Stadt war er erfolgreich

Mexiko-Stadt/San Cristóbal
Da taucht er auf, kämpft sich zum Podium durch. Hunderte Hände fliegen ihm entgegen. Frauen versuchen, einen Zipfel seines gelben Anoraks zu erhaschen. Andrés Manuel López Obrador, landesweit zum Hoffnungsträger der Armen avanciert, grüßt die Menge mit verlegenem Lächeln. Dann kommt er bald zur Sache. »Die da oben zahlen keine Steuern«, sagt er und hält den Zeigefinger hoch, in die Richtung, in der die Reichen sitzen, »wir werden mit den Privilegien aufräumen.« Er ist kein Eiferer, schreit nicht. Die Anklage trägt er im Ton eines Nachrichtensprechers vor.
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Fidels Geldwäsche PDF Drucken

Thomas Schmid, DIE ZEIT, 11.11.2004


Kuba verbietet den US-Dollar und führt eine neue Zweitwährung ein. Das Volk steht vor einem Rätsel: Was soll das?



Die alte Frau hat sich einen strategisch günstigen Platz ausgesucht. Sie sitzt, hingekauert in eine Mauernische, in einer Gasse der Altstadt von Havanna, wenige Schritte von der Bodeguita del Medio entfernt. Die kleine Kneipe wird in jedem Reiseführer erwähnt wird, weil hier Ernest Hemingway einst täglich seinen Mojito getrunken hat, den mit frischer Pfefferminze und zerquetschtem Eis angereicherten kubanischen Rum. Kaum ein Tourist übersieht die Alte mit den künstlich gebleichten Haaren, der schweren Hornbrille und den markanten Zahnlücken, die von morgens bis abends an einer gewaltigen Zigarre nuckelt. Ein ideales Sujet für einen Schnappschuss. Doch die Frau hat alles im Blick - und wehe, der Tourist will für das Foto nicht einen Dollar herausrücken. Da kann sie recht böse kreischen.

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Der Messias von Caracas PDF Drucken

Thomas Schmid, DIE ZEIT, 12.08.2004, Nr. 34


Am Sonntag stimmt Venezuela über seinen Präsidenten Hugo Chávez ab: Bleibt er im Amt – oder muss er zurücktreten? Das Land ist tief gespalten. Chávez ist der Held der Armen und der Albtraum des Bürgertums

Ein einfacher Holztisch, dahinter ein Stuhl und darauf ein bulliger Mann in rotem Hemd. Die Hände hat er wie zum Gebet gefaltet, die Augen geschlossen. Ein letzter Akt der Konzentration. Die Kameras sind aufgebaut, es kann losgehen. Venezuelas Präsident Hugo Chávez moderiert seine sonntägliche Fernsehsendung. Es ist die 199. Folge von Aló presidente - "Hallo, Präsident". Es ist seine vorletzte Show, behauptet die Opposition optimistisch.

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Der Faktor K. PDF Drucken
Thomas Schmid - DIE ZEIT 19.05.2004 Nr.22


Nach einem Jahr im Amt ist Néstor Kirchner der populärste Präsident, den Argentinien je hatte.

Buenos Aires
Das Bild ging durch die Presse: Argentiniens gewählter Präsident Néstor Kirchner sieht zu, wie Heereschef Roberto Bendini in der Mechanikschule der Marine (Esma) vor versammeltem Generalstab das Porträt des Diktators Jorge Rafael Videla von der Wand nimmt. Videla hatte 1976 als Heereschef gegen das demokratische Regime geputscht. Die Esma, die berüchtigtste Folterstätte seiner Diktatur, soll eine Mahnstätte werden. Und Bendini tat nur widerwillig, was Kirchner ihm befohlen hatte. Für die Militärs war der symbolische Akt am 24. März, dem Jahrestag des Staatsstreichs, eine Demütigung. Aber der Präsident hatte seinem Volk wieder einmal gezeigt, wer der Herr im Hause ist: er, Kirchner, oder kurz: der „Faktor K.“
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Sie wollen Land, nicht Krieg PDF Drucken

Thomas Schmid, DIE ZEIT vom 13.05.2004, Nr. 17

Brasiliens Linksregierung lässt sich mit einer Agrarreform Zeit - wie ihre Vorgänger. Jetzt greifen die Armen zur Selbstjustiz

Im Südwesten Brasiliens, etwas mehr als hundert Kilometer vom Urwald entfernt, liegt eine Stadt mit dem seltsamen Namen Presidente Prudente (Kluger Präsident). Vom Wohlstand ihrer 200 000 Einwohner künden ein paar Dutzend Hochhäuser, Parkanlagen, Banken, Supermärkte, saubere Straßen und adrette Häuser mit blank geputzten Autos in der Einfahrt. Keine Armut. Keine Bettler. Und rund um die Stadt fruchtbares Weideland, so weit das Auge reicht. Doch es kann der bravste Mann nicht in Frieden leben, wenn es den Kommunisten nicht gefällt.

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Dudu gegen Lulu PDF Drucken

Thomas Schmid - DIE ZEIT 29.04.2004 Nr.19


In Rocinha, dem größten Elendsviertel Brasiliens, herrscht Krieg. Zwei verfeindete Drogenbanden kämpfen um die Macht. 1200 Polizisten sind eingerückt

Der 21.April ist in ganz Brasilien ein Feiertag. Am 21. April 1792 wurde der Tiradentes (Zahnzieher) genannte Anführer einer liberalen Verschwörung gegen die portugiesische Kolonialmacht von Pferden auseinander gerissen. Sein Kopf wurde auf einen Pfahl gespießt und öffentlich ausgestellt. Am diesjährigen Feiertag hatte sich Viva Rio (Es lebe Rio de Janeiro), eine Organisation mit immerhin 800 Angestellten, die sich dem Kampf gegen die Gewalt verschrieben hat, etwas Besonderes ausgedacht: den dia del carinho, den „Tag der Liebe“. Den Bewohnern von Rocinha, eines Elendsviertels am Rande Rio de Janeiros, das von Drogenbossen beherrscht wird und seit zwei Wochen von über 1200 Militärpolizisten besetzt ist, sollte ein Zeichen der Solidarität überbracht werden: Kinderspielsachen und weiße Papierblumen.

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Der Blick in die Welt, Thomas Schmid