Plötzlich frei |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 02.09.2011
Die Rebellen haben in Libyen gesiegt. Aber wer sind die
Rebellen? Das Porträt eines jungen Mannes, der im Kampf gegen Gaddafi
sein Leben riskiert hat
TRIPOLIS. Dass am Schluss alles so schnell gehen würde, das
hätte Moussa Boussnina nicht zu träumen gewagt. Die Schlagkraft von
Gaddafis Spezialeinheiten, kommandiert von seinen Söhnen, ließ einen
erbitterten Kampf um die Hauptstadt erwarten. Haus um Haus, Straße um
Straße, Viertel um Viertel. Dass der Tyrann am Schluss verlieren und
Tripolis frei, endlich frei sein würde, daran hatte der 29-jährige
Flugzeugingenieur keinen Zweifel, aber er rechnete mit monatelangen
Kämpfen. Und dann nahmen die Rebellen die Stadt in nur sechs Tagen ein.
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Die befreite Stadt |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 29.08.2011
Ein Krankenhaus voller Leichen, Freudenschüsse im Zentrum,
Familienfotos in der Diktatorenresidenz - Tripolis ist frei, die Zukunft
muss erst noch beginnen.
TRIPOLIS. Wo kam der schwarze Mann in Tarnuniform her? Aus dem Tschad,
aus Mali oder Niger? Wird dort jemand von seinem Schicksal erfahren? Und
wer war der andere, dessen Kopf sich auf dem aufgedunsenen Bauch des
Schwarzen auszuruhen scheint - einer jener Heckenschützen, die von den
Dächern und aus Fenstern auf Passanten feuerten? Der Mann mit dem langen
grauen Haar und den blaugrünen nackten Füßen sieht aus wie ein
schlafender Guru. Die hochschwangere Frau hat sich bestimmt auf ihr Baby
gefreut. Weshalb liegt sie hier? Und was waren die letzten Gedanken der
beiden Kinder? Konnten sie zwischen Kriegsspiel und richtigem Krieg
überhaupt unterscheiden?
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Kommission für die Müllabfuhr |
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Thomas Schmid, 13.04.2011
Während anderswo noch gekämpft wird, beginnen die Leute im
freien Libyen, ihren Alltag zu organisieren
AL-BAIDA. Ganz Libyen ist eine Wüste. Ganz Libyen? Nein, in
einem kleinen Zipfel im Osten des Landes gibt es die Grünen Berge, hier
wachsen Zitrusfrüchte und Oliven, ja sogar Eukalyptusbäume, berüchtigt
für ihren Wasserverbrauch. Und im Zentrum dieser friedlichen Landschaft
liegt Al-Baida, 650 Meter über dem Meeresspiegel, eine Stadt mit 120000
Einwohnern. In den heißen Monaten ist es relativ kühl. Auch Idris, der
einzige König, den Libyen je hatte, und der 1969 von Muammar al-Gaddafi
gestürzt wurde, wusste das zu schätzen. Er hatte hier seine
Sommerresidenz, ein recht bescheidenes Anwesen - jedenfalls im Vergleich
zur Luxusanlage, die sich sein Nachfolger gönnte.
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In der Wüste |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 07.04.2011
Im Osten Libyens ziehen junge Rebellen in den Krieg gegen
Gaddafis Armee. Sie haben nicht einmal Funkgeräte
BENGASI. Brega, immer wieder Brega. "Wir fahren nach Brega",
sagen die Chabab, die jungen libyschen Rebellen, die auf die Ladefläche
eines Kleinlasters steigen. Schon mehrmals zog die Front über die Stadt
mit dem wichtigen Ölhafen hinweg: Zuerst im März, als die Aufständischen
westwärts fast bis Sirte vorstießen. Dann beim Gegenangriff der
Regierungstruppen, der im Osten erst vor den Toren von Bengasi, der
Hauptstadt des "freien Libyen", haltmachte. Das war, als französische
und US-Kampfflieger die Truppen von Muammar al-Gaddafi zum Rückzug
zwangen und es den Rebellen erlaubten, Brega für kurze Zeit
zurückzuerobern. Und nun stehen - alle Siegesverlautbarungen in Bengasi
Lügen strafend - abermals Gaddafis Soldaten in der Stadt. Seit einer
Woche wird um Brega erbittert gekämpft.
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Die Enkel des Löwen der Wüste |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 05.04.2011
Sie sind jung, todesmutig und unerfahren. Mit wehenden Fahnen
ziehen die Chabab in den Kampf gegen Gaddafis Spezialeinheiten. Viele
von ihnen bezahlen es mit ihrem Leben
BENGASI. So schön kann Revolution sein. Auf dem Hauptplatz von
Bengasi, der direkt am Mittelmeer liegt, turnen Kinder auf einem
Schützenpanzer herum, einige Hundert Männer beten gemeinsam auf riesigen
Teppichen, die auf dem Asphalt liegen. Gleich daneben demonstrieren
Frauen für ein freies Libyen. Musik schallt aus den Lautsprechern am
Gerichtsgebäude, in dem kein Gericht mehr tagt und niemand mehr
verurteilt wird. An einer Stellwand hängen Dutzende Karikaturen von
Gaddafi. Der Diktator wird dem Spott preisgegeben. Die
Hinterlassenschaften seiner geschlagenen Truppen - Hülsen von
Artilleriegeschossen und Patronen, Gewehrmagazine, Stiefel, Helme, aber
auch Dattelpakete, Spaghetti und Kekse, ja, sogar eine Puppe - sind wie
Trophäen ausgestellt. Hier ist das Zentrum des freien Libyen. Überall
lachende Gesichter, überall Fahnen. Auf dem Platz herrscht
Feierstimmung.
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